Falls man sich entscheidet, länger auf (Welt-)Reise zu gehen kommt man unweigerlich zu der Frage: WIE?
Klar, man kann zu Fuß, mit dem Skateboard, Pferd, Fahrrad, Tuk-Tuk, Hundeschlitten, Segelboot, Motorrad, Auto, Transporter oder LKW oder Sonstigem losziehen, prinzipiell ist glaube ich alles schon einmal gemacht worden und ist trotzdem für die Meisten unrealistisch, daher gehe ich hier nur auf die gängigsten Arten der Langzeit-Reise ein:
- Fahrrad
- Motorrad
- Auto
- Geländewagen/ SUV
- Camper/ Transporter
- LKW
Dabei sind die Grenzen natürlich verschwimmend. Ist ein Kombi mit Matratze schon ein Camper? Oder ist ein Unimog mit 2,5m-Kabine schon ein LKW??
Grundlegende Faktoren bei der Auswahl des Fahrzeugs sind:
Budget:
länger und mit weniger „Luxus“ oder kürzer und dafür eventuell entspannter beim gleichen Budget unterwegs sein?
Dauer der Reise:
Lohnt eine Verschiffung nach z.B. Südamerika für vier Wochen Reisedauer oder sollte man sich dann lieber einen Mietwagen vor Ort besorgen oder per Überlandbus/ Zug/ Flugzeug reisen?
Route und Jahreszeit:
Durch das winterliche Sibirien mit Fahrrad und Zelt? Dschungeltour durch Asien mit dem 15 Tonnen-LKW?
Die eigenen Voraussetzungen:
Sind die entsprechenden Führerscheine vorhanden? Ist etwas handwerkliches Geschick gegeben, um das eigene Gefährt zumindest bis zur nächsten Siedlung wieder fit zu machen? Abenteuerlustig, oder Sicherheitsfanatiker?
Autonomie:
Drei Wochen durch die Sahara mit dem Motorrad? Wie viel Sprit, Nahrungsmittel, Wasser kann ich mitführen?
Für viele ist der Faktor „Erfahrung“ ausschlaggebend, allerdings stellt sich heraus, dass ALLES mit genug Zeit und Willenskraft machbar ist. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass ein Pärchen aus Bayern mit 100km Fahrraderfahrung und Baumarkt-Rädern quer durch Norwegen, Island, Kanada, USA, Mittelamerika, Südamerika, Neuseeland, Australien und bis Thailand radelt, um dann schließlich auf ein Tuk-Tuk für den Rest der Reise ins heimische Bayern zu wechseln??
Oder dass ein 1000€ teurer Landrover, der auf einer schottischen Wiese gefunden wird, anschließend noch dutzende Jahre um die Welt fährt??
Die prinzipiellen Vor-/ und Nachteile verschiedener Fahrzeuge hier kurz im Überblick:
Fahrrad:
Langsames, körperlich anspruchsvolles Reisen, dafür viel Kontakt zur Bevölkerung und man ist dem Wind und Wetter ausgesetzt. Übernachtungen nur mit Zelt möglich, oder in Hostels, dafür aber günstigste Art zu reisen (außer zu Fuß). Nichts für Leute mit erhöhtem Komfort- und Sicherheitsbedürfnis. Mitnahme von Verpflegung (insbesondere Wasser!) nur sehr begrenzt möglich. Dafür aber jede noch so abgelegene Stelle erreichbar (begrenzt durch Reichweite → Nahrungsmittel)
Motorrad:
Prinzipiell gilt das Gleiche wie für Fahrradreisen, allerdings größerer Aktionsradius und ein wenig mehr Gepäck (meist maximal 100kg inklusive Ersatzteile). Durch Kraftstoffverbrauch und die Kosten für Ersatzteile kommt man meist auf die gleichen Kosten wie im Auto/Geländewagen, da 2 Personen = 2 Motorräder. Für Alleinreisende durch Einsparungen bei Fähren, Maut, Grenzen, Versicherungen und so weiter jedoch günstiger, im Fall der Fälle steht man bei einer Panne aber allein da. Mittelmäßig bis sehr geländegängig.
Auto:
Schutz vor Wind, Wetter und anderen Verkehrsteilnehmern, viel Platz für Gepäck, allerdings auf Dauer auch kein Schlafplatz, Kochstelle, Toilette, Dusche usw. Nur eingeschränkte Geländegängigkeit durch fehlende Bodenfreiheit, kleine Reifenquerschnitte und fehlenden 4×4. Dafür bei zwei oder mehr Reisenden niedrige Kosten durch niedrigen Verbrauch, meist günstige Ersatzteile und günstige Anschaffungskosten. In fast jedem Land für kleines Geld vor Ort zu erwerben.
Geländewagen:
Ein wenig höhere Kosten als mit dem Auto (durch Verbrauch und Anschaffungskosten), dafür mit 4×4 und hoher Bodenfreiheit, mehr Geländegängigkeit und bei Pickups mit Camperaufsatz sogar schon ein wenig Platz für Wohnfläche, Toilette, Kochgelegenheit. Mit Solar und Wassertanks für 3-7 Tage autark. Damit ist schon campen am Strand, Wüste, einsamen Dschungelpisten möglich. Je nach Aufbau und Ausbau – Extrakosten. Passen meist noch in einen Container.
Camper/ Transporter:
Zwischen drei und zwanzig Quadratmetern Platz für Schlafraum, Toilette, Kochstelle, eventuell Dusche, unauffällig (falls nicht gerade ein amerikanisches Modell) und im Verbrauch meist nicht höher als Geländewagen. Höhere Kosten beim Ausbau oder bei der Beschaffung (falls schon ausgebaut). Geländegängigkeit und Nutzbarkeit in Innenstädten je nach Bauart und Größe wenig bis sehr eingeschränkt. Kosten für Verschiffung, Maut , Versicherung bei zunehmender Größe immer weiter steigend. Containertransport meist nicht mehr möglich. Autark bis 14 Tage.
LKW:
Von sehr geländegängigen 4×4 Trucks (UNIMOG) bis 8m Wohnkabinen mit sehr viel Wohnfläche alles möglich. Spezieller Führerschein erforderlich, meist Einfahrtbeschränkungen in Städte, Tunnel, Brücken, Fähren, Campingplätze aufgrund von Größe und Gewicht. Verschiffung nur noch per Ro/Ro möglich. Hohe Kosten für Anschaffung, Ausbau, Verbrauch. Meist viel Platz und bis ein Monat autark. Sehr auffällig und damit eventuell Beute in weniger sicheren Ländern. Meist hohe Kosten/ schlechte Verfügbarkeit von Ersatzteilen (außer zum Beispiel Mercedes-Benz Oldtimer). Falls der LKW vor der Reise gut gewartet wurde kann man sich auf lange Laufzeiten der Verschleißteile freuen…
Soweit erst mal die prinzipiellen Gegebenheiten, Mischformen wie zum Beispiel 4×4 Transporter, die zwar Platz in Innenraum haben, geländegängig sind, aber durch ihre kleine Größe noch voll Innenstadt-tauglich sind sie gern genutzte Reisemobile (zum Beispiel Toyota HiAce, Mitsubishi Delica/L300/L400, Mercedes Sprinter 4×4).
Am Ende muss jeder durch seine oben genannten Präferenzen (am meisten schränkt die Auswahl „Fahrzeug verschiffen oder vor Ort kaufen“ und „wie ist die Teileversorgung vor Ort“ ein) sein Traum-Vehikel finden. Unserer Erfahrung nach wird während der ersten längeren Etappe, während des ersten Jahres, sowieso nochmal der eigene Anspruch revidiert und eventuell über eine Fahrzeugveränderung nachgedacht. Für völlig Unerfahrene gilt also eher das Motto:
Versuch macht klug!
Entweder zuhause im Urlaub testen, was und wie viel man braucht oder unterwegs bereit sein, den fahrbaren Untersatz, falls nötig, zu wechseln, daher lieber mit kleinem Budget starten, dann tun auch die Beulen, Unfälle und eventuelle Diebstähle nicht so weh.
Und wenn jemand mit einem 80 Jahre alten Hudo um die Welt fahren mag und das Geld dazu hat: WARUM NICHT??? 😀